Iris Sofie Bayer hat einen Namen in Bornstedt. Die Autorin, die mittlerweile 16 Bücher veröffentlicht hat, hat im Stadtteilladen schon aus ihrem Buch „Die Elefantenstrategie: Entfalte deine wahre Größe!“ gelesen. Sie nennt es ihr „Anti-Burnout-Buch“, weil es davon handelt, wie man sich aus Erschöpfung befreit und neue Energie gewinnt. Bekannt ist Iris Sofie aber vor allem als Bewohnerin des „Elefantenhauses“ in der Kirschallee.

Schon von Weitem sieht man das wandfüllende Graffiti-Kunstwerk. Es zeigt eine vierköpfige Elefantenherde an einem Wasserloch, in Hintergrund ragt der schneebedeckte Kilimandscharo zwischen Wolken empor. An der nächsten Hauswand eine weitere Szene: wieder mit Elefanten, im Vordergrund zwei Flamingos, auch diese gestaltet von der Potsdamer Firma ART-EFX.

Es gibt noch mehr zu entdecken. Wer sich dem Haus nähert, erkennt, dass durch den Vorgarten steinerne Elefanten marschieren. Selbst die Klingel trägt den Umriss eines Elefanten, ebenso wie der Gartenzaun: Ihn schmückt das von Iris Sofie und ihrem Ehemann Oliver gemeinsam entworfene Logo – zwei Elefanten, die sich mit erhobenen Rüsseln begrüßen.

„Rüssel hoch“ ist ihr Lebensmotto

In ihrem weiten, grün gemusterten Kleid und mit ihren langen braunen Haaren wirkt Iris Sofie wie ein natürlicher Teil der Elefanten-Szenen. Sie strahlt, während sie ihre „Potsdam-Oase“ zeigt, die sie nach und nach gemeinsam mit ihrem Mann in Bornstedt geschaffen hat. Häufig komme es vor, dass Menschen vor dem Elefantenhaus stehenbleiben und staunen, sagt sie. „Vor allem Kinder freuen sich über die fröhliche Elefantenparade.“ Für sie selbst sind Elefanten nicht nur wunderschön, sondern haben eine sehr tiefe Bedeutung.

„Der Elefant gilt seit Jahrtausenden als Symbol für Glück, Weisheit und Stärke“, erklärt die 62-Jährige. Die Rüsseltiere seien intelligent, empathisch und hochsozial. „Wenn Elefanten den Rüssel hochnehmen, machen sie das, um ihre Umgebung zu erkunden und Emotionen auszudrücken, etwa andere Elefanten freudig zu begrüßen.“

Ein solches Verhalten ist zum Leitmotiv in Iris Sofies Leben geworden. Offen und kraftvoll sein, freundlich und positiv durchs Leben gehen, schweren Phasen mutig begegnen: All dies verschmilzt in ihrem Lebensmotto „Rüssel hoch!“, das auch ihrer Webseite den Namen gibt (www.ruessel-hoch.de). Selbst der Antrieb für ihre Kreativität lässt sich mit den Rüsseltieren verbinden. Iris Sofie will sich persönlich entfalten und gleichzeitig ihre Lebenserkenntnisse weitergeben. „Rüssel hoch“ – damit ist auch gemeint: „Kopf hoch! Nur Mut! Trau dich!“

„Ich fühlte mich gefangen, quälte mich durchs Leben“

Dass Iris Sofie heute an diesem Punkt steht, ist nicht selbstverständlich. Hinter ihr liegt ein steiniger Weg, auf dem sie sich häufig selbst Mut zusprechen musste. Sie erzählt in fröhlichem Ton, lacht häufig. Doch ihre braunen Augen spiegeln ihre traurigen, oft harten Erfahrungen wider.

Erst 2009 kam die Autorin nach Bornstedt. Ursprünglich stammt sie aus Baden-Württemberg. Früh lernte sie als Kind: „Ich bin nur wertvoll, wenn ich perfekt bin“, „Meine Gefühle und Bedürfnisse sind nicht wichtig“, „Eigenlob stinkt“, „Ohne Fleiß kein Preis“ und „Selbstmitleid bringt nicht weiter“. Ihre Mutter sei früh in eine äußerst strenge religiöse Gemeinschaft eingetreten. Deren Regeln bestimmten fortan auch das Leben von Iris Sofie und ihrem Bruder. Freundschaftliche Kontakte außerhalb der Gemeinschaft waren nicht gern gesehen, eine außereheliche Beziehung nicht erlaubt. So kam es, dass Iris Sofie sehr jung einen Mann aus der Gemeinschaft heiratete.

„Gleich nach der Hochzeitsnacht spürte ich, dass es eine falsche Entscheidung war“, sagt sie. „Nichts stimmte. Ich fühlte mich gefangen, wurde geschlagen, ausgenutzt und ausgesaugt, bekam Depressionen.“ 20 Jahre lang habe sie sich „durchgequält“. Kraft gaben ihr die beiden Söhne, die 1994 und 1997 geboren wurden. „Ich wollte von Anfang an für sie da sein, ihnen meine ganze Liebe geben und die große Bandbreite des Lebens zeigen.“ Daher blieb sie zehn Jahre lang zu Hause, betreute und erzog sie. Sie habe ihnen Wurzeln gegeben und ihnen geholfen, ihre Flügel zu entdecken – so drückt Iris Sofie es aus.

Mit dem Tanzen und Oliver kam die Lebensfreude zurück

„Doch meine Verzweiflung wegen meines zutiefst unglücklichen Ehelebens wuchs. Deshalb beschloss ich, etwas für meine Seele zu tun“, sagt Iris Sofie. Das Tanzen, entschied sie, sollte wieder Teil ihres Lebens werden. Couragiert setzte sie sich das erste Mal über alle Einwände ihres Ehemannes hinweg und rief bei einer Tanzschule an. Dieser Anruf veränderte ihr Leben für immer. Sie bekam den Tipp, dass im Fortgeschrittenenkurs ein Mann noch eine Tanzpartnerin suche. „Das war Oliver.“

Mädchenhaft streicht sie ihre langen Haare zurück, ihr Blick wird weich. Doch als sie das erste Treffen vor 20 Jahren beschreibt, muss sie lachen. „Er saß an der Bar. Ich sah ihn und bemerkte als Erstes, dass er einen Ohrstecker trug. Innerlich stöhnte ich auf, dachte: ‚Oh nein, bloß nicht wieder so ein Selbstdarsteller!‘“ Doch bald habe sie erkannt, dass Olivers Ohrschmuck – übrigens: ein kleiner Rüssel-hoch-Elefant – kein Zeichen für Selbstverliebtheit sei, sondern für sein unkonventionelles Wesen.

Beim Tanzen, zudem in den Armen von Oliver, kamen Lebensfreude und Selbstvertrauen in Iris Sofies Körper zurück. „Beim Tanzen konnte ich entspannen und meine Gefühle ausdrücken. Es gab mir unglaublich viel Kraft. Und ich verliebte mich in Oliver. Auch das trug mich durch die weiteren Prüfungen in meinem Leben.“ Eine davon war die Scheidung. „Sie hat zwei Jahre gedauert, mein Ex-Mann wollte mich nicht loslassen.“ Eine zweite Prüfung war der Entschluss, die religiöse Gemeinschaft zu verlassen. Auf einem Schlag verlor Iris Sofie dadurch ihre Familie und alle Freunde. „Das ist eine Glaubensregel. Ich galt nun als schlechter Umgang, sie mussten den Kontakt zu mir abbrechen.“

Nun geschieden, alleinerziehend und vor allem nach der langen Elternzeit sei es schwierig gewesen, einen beruflichen Wiedereinstieg zu finden. Als gelernte Fremdsprachensekretärin und Direktionsassistentin hatte Iris Sofie vor der Geburt der Söhne einen abwechslungsreichen, verantwortungsvollen Job in einer Exportfirma. Nun, Anfang 40, musste sie erstmal einen EDV-Kurs belegen. „Steno und Schreibmaschine brauchte keiner mehr, PCs hatten die Büros erobert“, erinnert sie sich. Zudem geriet sie an einen schwerkranken Chef, für den sie auf Abruf arbeiten musste – eine weitere Fremdbestimmung in ihrem Leben.

Bornstedt ist für sie der beste Stadtteil in Potsdam

Mittlerweile waren Iris Sofie und Oliver zusammengezogen in eine Wohnung in Leonberg bei Stuttgart. Doch viel hielt sie nicht mehr in der Heimat. Als das Haus von Olivers Großeltern in der Kirschallee zum Verkauf stand, zögerte das Paar nicht lange und fuhr hin. „Oliver hat sehr schöne Kindheitserinnerungen daran, und ich habe mich sofort in dieses ruhige, schöne Fleckchen Erde verliebt“, sagt Iris Sofie mit einem warmen Ton in der Stimme. Schnell stand der Kaufentschluss fest, 2009 siedelten die beiden gemeinsam mit den halbwüchsigen Söhnen nach Potsdam um.

Mit der Entscheidung, nach Bornstedt zu kommen, hat Iris Sofie nie gehadert. „Unsere Nachbarn haben uns mit offenen Armen empfangen, und die Menschen hier sind wirklich hilfsbereit“, sagt sie. Das Paar genießt es, mit dem Rad oder zu Fuß ebenso schnell in der Natur wie in der Stadt zu sein. „Für uns ist Bornstedt der beste Stadtteil in Potsdam“, sagt sie.

Zunächst allerdings wurde der Umzug zu einer dritten Prüfung. Die Renovierungsarbeiten gestalteten sich aufwändiger als gedacht. „Es gab nur kaltes Wasser, im Garten eine Sickergrube, um das Haus herum war alles völlig verwildert“, erzählt Iris Sofie und blättert durch die Seiten eines Fotoalbums, in dem sie das Werden ihrer „Potsdam-Oase“ über viele Jahre dokumentiert hat, bis hin zur Entstehung der Elefanten-Graffitis.

Einschränken lässt sie sich nicht mehr

Auch die Konstellation innerhalb der Patchwork-Familie veränderte sich in Potsdam. Der jüngere, damals zwölfjährige Sohn erlitt im Volkspark einen Unfall, kämpfte jahrelang mit den Folgen. Der 15-jährige Sohn entschied sich, zurück nach Baden-Württemberg zu gehen.

Iris Sofie gelang es nicht, in Potsdam beruflich Fuß zu fassen. „Ich habe viel probiert, aber es hat einfach nicht geklappt“, sagt sie. Sie berichtet von nicht eingehaltenen Zusagen, Mobbing, einem Burnout, Prozessen vor dem Arbeitsgericht. Am Ende gewann sie, erhielt ein gutes Zeugnis und eine hohe Abfindung. Diese Phase ihres Lebens hat sie in ihrer beruflichen Autobiografie „Kaputtgekündigt…?!“ festgehalten, die 2019 erschienen ist.

„Ich habe mir alles von der Seele geschrieben. Dann wurde ich kreativ“, sagt Iris Sofie mit Nachdruck. „Ich bin so oft abgewertet und eingeschränkt worden, das wollte und will ich nicht mehr. Jetzt sind Oliver und ich freischaffend und folgen unseren Interessen und Neigungen.“ Diese sind vielseitig: Tanzen gehört dazu, Fotografieren von Natur und Tieren, bei Iris Sofie auch Klavierspielen, Lesen und natürlich Schreiben. Vor allem in der kalten Jahreszeit setzt sie sich an ihren PC in der oberen Etage des Elefantenhauses, wo die Schreibtische von Iris Sofie und Oliver sich gegenüberstehen – so wie die beiden rüsselnden Elefanten in ihrem Logo.

Von Dornröschen bis zum hundertjährigen Zukunfts-Ich

Ihr Wissensdurst und ihr hoher Anspruch an sich selbst motivieren Iris Sofie vor und während des Schreibens zum umfassenden Recherchieren. An die 100 Sachbücher lese sie pro Jahr, sagt sie. Die Bandbreite ihrer eigenen Bücher, die sie bis Sommer 2025 über den gemeinsam geführten Oliver Bayer Verlag herausgab und nun im Print-on-Demand-Verfahren, ist groß (https://iris-sofie-bayer.de/).

Iris Sofie hielt selbst erlebte Tanzanekdoten fest, schrieb darüber, wie sie sich den Tanz in die eigene Zukunft vorstellt, verfasste Glücksparabeln und ein Elefantenbüchlein für Schulanfänger. Sie erforschte die historischen Hintergründe der Märchen Aschenputtel, Dornröschen und Schneewittchen, entwarf personalisierte Weihnachtsgeschichten für Pflegedienste. Aktuell beschäftigt sie sich mit dem Thema „Gesund altern“. Man darf gespannt auf die Form sein, denn auch auf ein Genre lässt sich Iris Sofie nicht festlegen.

Am besten, sagt sie, verkaufe sich ihr Buch „Wie Phönix aus der Asche stieg“ von 2022, das aufzeigt, wie ein Neuanfang gelingen kann. Ihr Roman „Der Elefant des Sonnenkönigs“ sei dagegen nicht ihr bestes Buch, sagt sie und lacht herzlich. „Da wollte ich zu viel und habe meine Leser ehrlich gesagt ziemlich überfordert.“ Es seien eigentlich mehrere Romane in einem: eine Elefantenbiografie, ein Psychokrimi, eine Lovestory, ein Reiseführer, dazu noch viele historische Paris-Geschichten – „als Gesamtpaket viel zu anspruchsvoll“.

Zunächst habe sie sowieso nur für sich selbst geschrieben. Dann habe es sie gedrängt, ihre Gedanken und Gefühle an andere Menschen weiterzugeben – auch mit dem Wunsch, Anerkennung als Autorin zu erhalten, wie sie zugibt. Weil Künstler vom Applaus des Publikums leben. Weil sie einen Beweis wollte, dass sie es wirklich kann, dass sie eine echte Autorin ist. „Das ist jetzt nicht mehr so“, sagt sie. „Eine große Leserschaft, Erfolg, viel Geld verdienen: Das ist schwierig, und ich brauche es auch nicht mehr. Heute ist mir wichtig, mich zu entfalten, zu gestalten, Glücks-Impulse zu geben.“

Intensives Glück empfinden

Bei aller Offenheit und Vielfalt – auf ein Thema kommt die Autorin immer wieder zurück: den Elefanten. Wohl auch, weil es vor allem Oliver war, der seine Begeisterung für die Tiere in ihre Beziehung gebracht hat. Die beiden haben sogar über die Elefanten-Aufzuchtstation David Sheldrick Wildlife Trust das Elefantenwaisenkind Mwinzi „adoptiert“.

Nähe, Gemeinschaft, Verständnis, Stärke, Sinn, Glück: In ihrer Liebe zu Oliver hat Iris Sofie all das gefunden, wonach sie jahrzehntelang gesucht hat – und wofür das Rüsseltier symbolisch steht. Kann das ein Zufall sein?

Fragt man Iris Sofie nach ihrem Lebensthema, ist es besonders der Aspekt Glück. 2022 hat sie sich am Deutschen Institut für Entspannungstechniken und Kommunikation (IEK Berlin) zur Glückstherapeutin ausbilden lassen. Gern nennt sie sich seither „Glücksautorin“, weil sie auch in ihrem kreativen Schaffen stets dem Glück auf der Spur ist. Sie rät dazu, nicht auf das große Glück zu warten, sondern Glücksmomente aktiv ins Leben zu holen und sie als „Glücksschatz“ zu sammeln.
„Glück bedeutet nicht, dass man immer schwebt“, sagt sie. „Das Geheimnis liegt darin, das Leben fließen zu lassen: nicht in der Vergangenheit zu verhaften oder sich unnötige Zukunftssorgen zu machen, sondern den Augenblick zu genießen.“

Gemeinsam tanzen sie in die Zukunft

Sie ist überzeugt: Wenn man viel Leid erfahren hat, spürt man das Glück umso intensiver. Etwa wenn der jüngere Sohn, inzwischen fast 30, mit der Trompete ein Ständchen im Garten gibt. Wenn ihr ein inspirierender Text für ihren Rüssel-hoch-Blog gelungen ist. Oder wenn sie mit Oliver im Tanzraum in der Kirschallee Walzer tanzt.

Vertrauensvoll legt sie sich in seine Arme, gibt sich den Klängen und ihren Emotionen hin, ist ganz im Moment. Der schönste Raum im Elefantenhaus sei der Tanzraum, sagen die beiden. Er ist professionell ausgestattet mit Schwingboden, Deckenventilator und Spiegelwand. Und mit großen Fenstern, durch die die Sonne hell und warm hereinscheint – und das Glück heraus.

Text: Beatrix Fricke
Oktober 2025